Chto Delat?: Was tun?

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Courtesy KOW, Berlin

Foto: Alexander Koch, KOW

 

2. November 2014 bis 22. Februar 2015
Chto Delat? ist ein 2003 gegründetes Kollektiv, das neben Künstlern auch Kritiker, Philosophen und Schriftsteller aus Moskau, Nischni Nowgorod und Petersburg in sich vereint, um interdisziplinär Kunst, Theorie und aktivistische Strategien zu verschmelzen. Die Aktivitäten der Gruppe reichen von Theaterinszenierungen und Filmproduktionen über raumgreifende Installationen, Malerei und Zeichnung, bis zur Gründung einer eigenen Schule und der regelmäßigen Herausgabe einer Zeitung. Der Brandenburgische Kunstverein wirft einen konzentrierten Blick auf die vielseitige Arbeit der russischen Gruppierung, die immer wieder nach den Möglichkeiten von kultureller und politischer Partizipation fragt – ein Anliegen, dem sich auch der Kunstverein verpflichtet fühlt.
Künstler:  Chto Delat?
Ausstellungsort:  Freundschaftsinsel
Eröffnung:  Samstag, 1. November 2014 , 17:00

Die Ausstellung ist am Freitag den 26.12. geschlossen, am 27. und 28.12 regulär geöffnet. Wir schließen dann noch einmal vom 29.-31.12. Ab Neujahr haben wir regulär geöffnet, immer von 12 bis 17 Uhr.

Schließungstage während der Feiertage
22. bis 26. Dezember 2014
29. bis 31. Dezember 2014

Geöffnet an Neujahr und den Wochenenden.
27./28. Dezember 2014 und 1. bis 4. Januar 2015 von 12 bis 17 Uhr geöffnet.

 

Chto Delat? ist ein 2003 gegründetes Kollektiv, das neben Künstlern auch Kritiker, Philosophen und Schriftsteller aus Moskau, Nischni Nowgorod und Petersburg in sich vereint, um interdisziplinär Kunst, Theorie und aktivistische Strategien zu verschmelzen. Die Aktivitäten der Gruppe reichen von Theaterinszenierungen und Filmproduktionen über raumgreifende Installationen, Malerei und Zeichnung, bis zur Gründung einer eigenen Schule und der regelmäßigen Herausgabe einer Zeitung. Chto Delat? stellen dabei immer wieder die Frage, die das Kollektiv im Namen führt: Was tun? Was kann getan werden? Wie kann die Kunst das Politische denken, verhandeln und ihm seine eigenen Formen geben? Und vor allem: Welche kollektiven Arbeitsweisen sind uns heute möglich? Wie utopisch lassen sie sich entwerfen in einer Gesellschaft, die alle Utopien und Idealismen hinter sich gelassen zu haben scheint?
 
Chto Delat? gehören zu den wichtigsten Stimmen künstlerischer Kritik in Russland und haben die gesellschaftlichen Veränderungen in den vergangenen zehn Jahren immer wieder deutlich kommentiert. Auf den ersten Blick erinnert der Name der Gruppe an Lenins wirkungsmächtiges Traktat von 1902, in dem er das Modell einer gesellschaftsüberspannenden „Avantgarde des Proletariats“ entwirft und das zur Legitimation einer zentralistischen Parteielite werden wird. Chto Delat? jedoch rückt immer wieder den Schriftsteller Nikolai Gawrilowitsch Tschernyschewski (1828-1889) ins Bild, dessen 1863 im Gefängnis entstandener Roman „Was tun?“ Lenin mit dem Titel seiner Schrift die Reverenz erwies, und in dem es um den Einfluss und Wirkung idealistischer Denk- und Handlungsweisen, aber auch um ein prototypisches revolutionäres Lebensmodell ging.
 
Der Brandenburgische Kunstverein wirft einen konzentrierten Blick auf die vielseitige Arbeit der russischen Gruppierung, die immer wieder nach den Möglichkeiten von kultureller und politischer Partizipation fragt – ein Anliegen, dem sich auch der Kunstverein verpflichtet fühlt. Auf der Potsdamer Freundschaftsinsel wird Chto Delat? zum künstlerischen Paradox. In der Sprache der Agitation wirbt der 1973 zu den Weltfestspielen der Jugend und Studenten erbaute, spätmodernistische Ausstellungspavillon für einen politischen Aufbruch, den viele Zeitgenossen als historischen Meilenstein betrachten, der von den Sachzwängen der Realpolitik erst ein- und dann überholt wurde. Und nun hängen hier Perestroika-Masken? Agitative Flaggen? Szenen des Widerstands auf der Straße?
 
Bei Chto Delat? wird die Sprache politischen Handelns zu einem poetischen Modell und das Poetische wirbt lautstark um aktive Konsequenzen. Die Verfremdung schreit nach Aktivismus. Der Aktivismus wird zum Stachel wider den Pragmatismus. Der Pavillon selbst aber, im Aufbruch entstanden und heute immer wieder als Hort einer gemütlichen Vergangenheit verklärt, wird zum leuchtenden Schaukasten einer virulenten Frage: Wie viel Kollektivität, wie viel Solidarität und Partizipation, wie viel Idealismus, wie viele der ursprünglichen Utopien eines historischen revolutionären Aufbruchs wollen wir uns heute erlauben? Der BKV führt in den kommenden Wochen eine Publikumsbefragung durch, die Schritt für Schritt die Ausstellung ergänzen wird. Sie setzt sich mit Fragen gesellschaftlicher Solidarität und kollektiver Werte auseinander und wird vor Ort dokumentiert.

 

Der BKV dankt der Galerie KOW, Berlin für die inhaltliche sowie der cine plus Production Service Gmbh für die technische Unterstützung.