Angelika Middendorf: Looping space

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Courtesy: Angelika Middendorf
18. Juni 2005 bis 17. Juli 2005
„RELATIV on air“ ist das Ergebnis einer Recherche der Berliner Künstlerin Angelika Middendorf, die Wissenschaftler des Max-Planck-Institutes für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, Golm) sowohl zum Thema ihrer Arbeit als auch den Arbeitsbedingungen im modernen Wissenschaftsbetrieb befragt hat. Middendorfs Antwort darauf ist beides zugleich: Anverwandlung des Dialogs mit den Forschern wie poetische Science-Fiction über unser Verständnis von Raum und Zeit.
Künstler:  Angelika Middendorf
Kurator:  Ute Tischler
Ausstellungsort:  Luisenforum
Eröffnung:  Freitag, 17. Juni 2005 , 18:00
"Die Einzelausstellung "looping space" von Angelika Middendorf thematisiert bewegte Systeme in Raum und (Digital-)Zeit. Anlässlich des Einsteinjahres wurde von der Künstlerin das Projekt RELATIV on air für den Äther entwickelt. Einstein hat zu seiner Zeit den Äther als physikalische Kategorie abgeschafft, weil der Äther nicht messbar war – ein bis dato ungelöstes physikalisches Problem. RELATIV on air ist eine History-Science-Fiction Serie bestehend aus elf kurzen Hörstücken. Die Hörer begeben sich auf eine subtile Kurzreise in die Welt des Science-Fiction und stoßen auf historische Fragmente der revolutionären Theorien von Albert Einstein sowie aus der Physik der Gegenwart.

Im Rahmen der Ausstellung wird RELATIV on air als raumgreifende Audio-installation präsentiert. In Zeitintervallen navigieren eine Erzählstimme und korrelierende experimentelle elektronische Soundsequenzen durch den Raum.
Unabhängig vom Ausstellungszeitraum werden die einzelnen RELATIV on air Audiostücke über verfügbare Frequenzen in den Äther geschickt. Der Zeitraum ist relativ, und on air.

Zudem präsentiert Angelika Middendorf in looping space erstmals die 2-Kanal Video-Installation Treadmills-Series: WESTITIS (2005). Es ist die aktuelle Videoarbeit aus dem mehrjährigen Projekt Treadmills-Series (1999-2005), in dem die Künstlerin den Einfluss von Hochtechnologie auf Konstruktionen unseres Realitäts- und Identitätsbegriffs an Schnittstellen verschiedener kultureller Systeme untersucht.

Treadmills-Series: WESTITIS rekurriert eine Situation aus dem gezielten Aufbau- respektive Hochleistungstraining auf High-Speed-Treadmills (spezielle Hochgeschwindigkeitslaufbänder). Die Video-Installation zeigt in einer beidseitigen Projektion auf eine freistehende Wand ein Rennkamel und dazu gespiegelt ein Rennpferd auf der anderen Seite – jeweils auf einem Laufband in alternierenden Geschwindigkeiten und Loops."

Ute Müller-Tischler


"In der Ausstellung „looping space“ präsentiert die Künstlerin im Luisenforum die Videoinstallation WESTITIS und die Audio-Installation RELATIV on air, beide Werke sind in diesem Jahr entstanden. In der anlässlich des Einstein-Jahres für den Äther entwickelten Audio-Installation „RELATIV on air" navigieren eine Erzählstimme (Angelika Middendorf) und elektronische Soundsequenzen durch den abgedunkelten Raum. Zwischen 22 und 36 Sekunden lang sind die insgesamt 11 mit Titeln wie „ruhe energie“ („rest energy“) oder „bewegte systeme“ („motion systems“) überschriebenen „experimentellen Audiostücke“. In der hörspielartigen Aufbereitung entführt die orakelhaft raunende Erzählstimme (zunächst auf Deutsch, dann auf Englisch) den Zuhörer in die geheimnisvolle Welt des Science Fiction. Inhaltlich sind historische Fragmente der Theorien Einsteins sowie physikalische Erkenntnisse unserer Zeit eingearbeitet. Fragen des Typs: „Zeit ist etwas, was man an der Uhr abliest, oder etwa nicht?“ und Statements („Zufall ist nur der Ausdruck unserer Unfähigkeit, den Dingen auf den Grund zu kommen“) stehen in der Audio-Installation gleichwertig nebeneinander und werfen den Zuhörer letztlich auf sich selbst zurück. Optische Haltepunkte in Form zweier Leuchtkästen bieten in dem dunklen Raum ein Stück weit Orientierung. Die von der Künstlerin als Diptychon konzipierte Arbeit mit dem Titel „RELATIVE eclipse“ zeigt eine Aufnahme der Sonnenfinsternis, die am 29. Mai 1919 in Südafrika zu sehen war. Mit diesem Datum verbindet sich für die Wissenschaft die Bestätigung der Relativitätstheorie. Der Entstehung von „RELATIV on air“ gingen lange Recherchen der Künstlerin voraus. Zahlreiche Interviews mit Wissenschaftlern des Max-Planck-Institutes für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, Golm) standen dabei im Zentrum ihrer Nachforschungen. Vielleicht ist die gemeinsame Schnittmenge zwischen Middendorfs ureigenstem Interesse als Künstlerin und dem der Gravitationsphysiker folgende: Nachdenken über das, was die Welt im Innersten zusammenhält beziehungsweise – mit den Worten der Künstlerin ausgedrückt – die Suche einer Antwort auf unsere Fragen. Augenfälliger zeigt das in der Ausstellung die Videoinstallation „WESTITIS“. Eine freistehende Wand dient als doppelseitige Projektionsfläche für ein 2-Kanal-Video. Zu sehen ist auf der einen Seite ein Pferd und auf der anderen ein Kamel, beide in wechselnder Geschwindigkeit über ein Laufband rennend. Gezeigt wird eine Situation aus dem Aufbau- und Hochleistungstraining, für das spezielle Hochgeschwindigkeitslaufbänder, so genannte High-Speed-Treadmills, entwickelt wurden. In dieser aktuellsten Videoarbeit aus dem 1999 begonnenen Projekt „Treadmills-Series“ wird durch die nachträgliche Bearbeitung der Videoaufnahmen die Wahrnehmung von Geschwindigkeit quasi konterkariert: Der tatsächlichen Bewegung und Schnelligkeit der Tiere auf dem Laufband wird durch die willkürliche Verlangsamung beziehungsweise Geschwindigkeitssteigerung der Loops entgegengewirkt. Dahinter steht das Interesse Angelika Middendorfs und gleichzeitig der thematische Fokus der Ausstellung „looping space“, bewegte Systeme in Raum und (Digital-)Zeit zu visualisieren."

Almut Andreae, Potsdamer Neueste Nachrichten, 13.07.2005


Danksagung: RELATIV on air wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung durch das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut, Golm), Elke Müller, Virginia Dippel, Thomas Thiemann, Jan St. Werner/Mouse On Mars, Waseem Khan, Rommelo Yu.

Treadmills-Series: WESTITIS wurde realisiert mit freundlicher Unterstützung durch Susanna Stockmeyer /REVITO, Katharina Schultheis und Meron, Tiffani Roxanne Hild, Astrid Fischer, Herr Stadlmann/Graber AG (CH), Urs Huber/Spectrum Video Productions (CH), Andreas Schimanski.

Realisation der Ausstellung mit freundlicher Unterstützung der Stadt Potsdam, Fachbereich Kultur und Museum / BuS e.V. Potsdam / City Concept Immobilienmanagement Berlin.