ANONYMOUS: Finissage

Die in den Ausstellungsansichten gezeigten Werke werden in der Ausstellung und auf diesen Seiten anonym gezeigt.

Die Bildrechte liegen aber gleichwohl bei den Urhebern, den Galerien der Urheber, den Leihgebern und dem BVV. Alle Rechte vorbehalten.

 

Reproduktion und Weiterverwendung nur mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Rechteinhaber.

Nach 90 Tagen, 31 Umhängungen und 44 Werken
Nach drei Monaten Laufzeit schließen wir am Sonntag unser Austellungsprojekt "ANONYMOUS". Vorher laden wir zur Finissage auf die Freundschaftsinsel, um 90 Tage Namenlosigkeit zu feiern. Alle drei Tage hatten wir neue Werke in den Ausstellungspavillon gebracht und aufgehängt. Immer wieder wurde die Ausstellung, in der keine Rangfolge, kein ökonomischer oder biografischer Wertmaßstab erkennbar war, neu geordnet.

Sehen Sie hier den ersten Teil der Anonymous-Chronologie, und hier einen weiteren Beitrag zum Projekt, das zweimal eröffnet wurde.

Finissage: Samstag, 30. November 2013, 18 Uhr
Laufzeit der Ausstellung bis 1. Dezember 2013.

Dabei geben wir zu: Wir hatten es uns einfacher vorgestellt. Ja, eigentlich hatten wir gar keine Ahnung, was auf uns zukommen würde. Wir hatten nur beschlossen, eine anonyme Ausstellung zu machen, deren Zusammensetzung zu Beginn nicht feststehen sollte. Wir wollten, dass Künstler, Sammler, Mitkuratoren so lange wie möglich ergänzende Werke vorschlagen sollten. Wir wollten, dass es keinen Über-Kurator gibt. Wir wollten einen Dialog, keinen Generalstabsplan, und mussten natürlich dafür büßen. Denn tatsächlich änderte sich die Ausstellung im Wochentakt grundlegend. Die Exponate verselbständigten sich. Und wir, Servicegehilfen dieser Verselbständigung, hatten den Raum ständig neu zu gestalten, die Werke völlig neu zu hängen. Nie wieder, haben wir uns mehrfach geschworen, machen wir uns das Leben so schwer.

Unsere Idee, einfach nach und nach die Freiräume an den Wänden zu behängen, ging schon am vierten Umhängungstag nicht mehr auf. Ständig aufs Neue mussten wir das gesamte Gefüge der Werke umhängen, um den Exponaten den notwendigen Freiraum zu schaffen, um Korrespondenzen offenzulegen, um Kontraste herauszuarbeiten. Nach und nach wurde die Ausstellung zu einem Familientreffen unterschiedlichster künstlerischer Arbeiten, die uns immer vertrauter wurden, die deshalb aber keineswegs kuratorisch gelenkt miteinander verschmolzen. Ihr Verhältnis zueinander musste ständig neu ermittelt werden. Arbeiten, die am ersten Tag keine Nachbarschaften suchten, fremdelten auch am Ende noch. Die Erfahrung, dass sich ständig Bezüge ergaben, die wir nicht vorausgesehen hatten, hieß nicht, dass jede Kombination möglich war. Es entstand so etwas wie ein Netz einander verstärkender Sinnzusammenhänge, von denen wir längst nicht mehr wissen, wer dafür verantwortlich ist. Manche Werke aber versuchten wir immer und immer wieder miteinander ins Verhältnis zu setzen, und sie widersetzten sich. Dazu trug auch bei, dass man uns Arbeiten für die Ausstellung vorschlug, die weder eingängig noch handzahm waren. Viele Frühwerke waren dabei, Zeugnisse radikaler Experimente, sperrige Objekte, Arbeiten ohne mitgedachte Markt- und Museumsgefälligkeit.

Nicht dass wir ANONYMOUS für ein nachahmenswertes kuratorisches Modell hielten. Die Dialoge mit den Leihgebern, ebenso wie mit dem Publikum, unterschieden sich aber oft radikal von der Art und Weise, wie man im Kunstbetrieb über Ausstellungsobjekte spricht. Nicht nur wir, auch die Besucher nahmen sich erstaunlich viel Zeit für die Objekte, lasen Ausstellungsinformationen nach und diskutierten mit uns. Nicht nur über die Exponate selbst, auch über die Funktionsweise von Ausstellungen und die Lizenz zu Urteilen ohne Expertenvorgaben. Wir haben keine Ahnung, was diese Erfahrung für kommende Ausstellungsvorhaben bedeutet, oder was wir daraus über den gegenwärtigen Zustand des Kunstbetriebs ableiten sollen. Aber das können Sie uns ja am Samstag sagen.

Samstag, 30. November 2013